Heute morgen habe ich meinen täglichen Frühstück-Walnüssen ein wenig mehr Zeit als sonst gewidmet. Ich habe eine Art Nussmeditation gemacht. Kürzlich habe ich gelesen, dass die wörtliche Übersetzung des Wortes “Meditation” aus dem Tibetischen, “sich vertraut machen” heisst. Also habe ich mich mit einer Walnuss einen Moment lang vertraut gemacht.
Die Schönheit, die Komplexität und die Perfektion der Schale sind kaum zu übertreffen. Farbtöne, Strukturen, Wege, Vernetzungen, Landschaften, Geschichten, Figuren… so viel gibt es zu entdecken. Es geht weiter, wenn wir die Nuss knacken. Den Widerstand und die Kraft der Schale spüren, die Geräusche bewusst wahrnehmen. Dann kommt der Kern hervor, eine neue Entdeckungsreise: und ich habe die Walnuss noch gar nicht in den Mund genommen!
Warum erzähle ich das? Was hat das mit Malen und Maltherapie zu tun? Auch malen kann eine Art Meditation sein. Ein “sich vertraut machen” mit Farben, Strukturen, Empfindungen, Wegen, Formen. Unsere Wahrnehmung wird geschärft, unsere Sinne werden offener; und nicht nur das Sehen! Wenn Bewusstsein und Herz dabei sind, unsere kritische Stimmen einen Moment lang schweigen oder in den Hintergrund gehen, dann kann jeder Pinselstrich eine erfüllende, unendliche Entdeckungsreise werden.